Das Altfriesische Haus in Keitum, errichtet im Jahr 1739, trotzt seit Jahrhunderten der Sylter Witterung und erzählt eine faszinierende Geschichte von Tradition und Wandel. Ursprünglich als repräsentatives Kapitänshaus erbaut, spiegelte es den Wohlstand und die Bedeutung der Sylter Seefahrer wider. Später fand hier Christian Peter Hansen, ein Lehrer und Chronist, sein Zuhause. Er verbrachte hier viele Jahre und trug maßgeblich dazu bei, die Geschichte der Insel festzuhalten. Heute wird dieses wertvolle Erbe vom Sölring Foriining mit großer Hingabe bewahrt. Maren Jessen, Museumsdirektor Alexander Römer und Sven Lapoehn vom Sylter Heimatverein setzen sich unermüdlich dafür ein, das Haus für kommende Generationen zu erhalten.
Ein Besuch des Altfriesischen Hauses ist wie eine Zeitreise. Die originalgetreu erhaltenen Räume – die gemütliche Küche, genannt Köökeen, die behagliche Wohnstube, der Kööv, und der festliche Pesel – vermitteln einen lebendigen Eindruck vom Leben im 18. Jahrhundert. Man kann den damaligen Reichtum der Sylter Seefahrerfamilien förmlich spüren, der sich in den kostbaren Möbeln, den kunstvollen Delfter Fliesen und dem wertvollen Hausrat widerspiegelt.
Doch die Nähe zur Nordsee, die Sylt so einzigartig macht, bringt auch Herausforderungen mit sich. Das Altfriesische Haus ist ständig den Naturgewalten ausgesetzt. Stürme, salzhaltige Luft und extreme Wetterbedingungen setzen dem historischen Gemäuer zu. So auch im Jahr 2023, als ein heftiger Sturm mit starkem Ostwind Regenwasser in die Wände trieb und erhebliche Schäden verursachte.
Dieser Wasserschaden offenbarte ein besonders heikles Problem: die wertvollen Delfter Fliesen im Inneren des Hauses. Der Putz unter den Kacheln war stark mit Salz belastet, das sich in die Fliesen fraß und sie zu zerstören drohte. Es war ein Wettlauf gegen die Zeit, um diese einzigartigen Zeugnisse der Vergangenheit vor dem endgültigen Verfall zu retten.
Dank des Engagements zahlreicher Menschen konnte jedoch ein Weg gefunden werden, die wertvollen Fliesen zu bewahren. Stefanie Endrulat und ihre Praktikantin Maria Möbus reisten eigens an, um die Fliesen mit großer Sorgfalt zu reinigen und zu restaurieren. Mit verschiedenen Wasserbädern versuchten sie, das Salz aus den Fliesen zu lösen und sie vor dem Zerfall zu bewahren. Doch leider waren nicht alle Fliesen zu retten. Einige zerfielen zu Sand und konnten nicht mehr restauriert werden.
Um die Restaurierungsarbeiten zu finanzieren, wurde eine Crowdfunding-Aktion ins Leben gerufen. Die Sylter zeigten wieder einmal ihren Zusammenhalt und spendeten großzügig für den Erhalt des Altfriesischen Hauses. Am Ende legte die Sylter Bank noch einen Zuschuss obendrauf, sodass Bastian Sünker dem Sölring Foriining einen ansehnlichen Scheck überreichen konnte.
Auch materielle Hilfe kam dem Verein zugute. Harald Hentzschel, der ehemalige Betreiber des Hotels Stadt Hamburg, stellte historische Delfter Fliesen zur Verfügung, die er bei Renovierungsarbeiten gerettet hatte. Diese Fliesen, die einst das Hotel schmückten, konnten nun dazu beitragen, die Lücken im Altfriesischen Haus zu schließen und das historische Ambiente wiederherzustellen.
Die Delfter Fliesen sind etwas ganz Besonderes. Jede einzelne Fliese ist ein Unikat, denn sie wurden im 18. und 19. Jahrhundert in den Manufakturen der niederländischen Stadt Delft von Hand bemalt. Keine industrielle Massenproduktion, sondern individuelle Kunstwerke, die die Wände des Altfriesischen Hauses schmücken.
Das Altfriesische Haus ist mehr als nur ein Museum. Es ist ein lebendiges Zeugnis Sylter Geschichte und Kultur, das dank des Engagements vieler Menschen auch in Zukunft bewahrt werden kann. Wenn die Feuchtigkeitsschäden beseitigt sind, werden auch die noch fehlenden Stellen mit Delfter Fliesen bedeckt sein und das Altfriesische Haus wird in neuem Glanz erstrahlen. Es ist ein Ort, der die Vergangenheit lebendig werden lässt und uns daran erinnert, wie wichtig es ist, unser kulturelles Erbe zu bewahren.