Der Jöölboom ist der Weihnachtsbaum auf Sylt und der Friesen im Allgemeinen
Der Jöölboom ist der Weihnachtsbaum auf Sylt und der Friesen im Allgemeinen

Im Sylter Heimatmuseum werden Kurse zum Kranzbinden für den Jöölboom angeboten

Das Weihnachtslied vom Tannenbaum, in dem dessen Blätter gepriesen werden, ist auch auf Sylt bekannt. Gesungen wird es auch dort. Und doch haben die Menschen sicher immer ein wenig ein komisches Gefühl, wenn sie diesen Weihnachtsklassiker intonieren.

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Schließlich gab es auf dieser Insel in Nordfriesland bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts praktisch keine Bäume, was dem sich in dieser Zeit immer mehr entwickelnden Brauch, an Weihnachten einen Weihnachtsbaum aufzustellen, natürlich alles andere als entgegenkam. Was tun also in einer Region, in der das christliche Weihnachtsfest keine geringere Bedeutung als in den anderen Regionen hatte und sogar um das Julfest ergänzt worden ist?

Der Jöölboom war geboren

Da Tannen- und andere Bäume also fehlten, entwickelten die damaligen Bewohner Sylts ihre ganz eigenen Ideen, um den kleinen Makel wieder auszugleichen. Schließlich hatten die Menschen der damaligen Zeit ja schon Erfahrung mit Pflanzen-Schmuck, lassen sich doch bereits in der Antike und im früheren Mittelalter geschmückte Pflanzen und Bäume zu bestimmten Festen bezeugen. Folge der intensiven Überlegungen war also diese besondere Form des Weihnachtsbaumes, der auf Föhr und Amrum Kenkenbuum, von den Syltern aber neben Jöölboom auch Friesenbaum genannt wird. Aufgebaut ist dieser weihnachtliche Baum aus verschiedenen Elementen. An erster Stelle genannt werden muss das Holzgestell, das die Basis des gesamten Konstrukts darstellt. In dieses werden grüne Zweige gebunden, die zusammen einen Kranz ergeben. Schließlich dürfen auf keinen Fall die Figuren fehlen, die unbedingt aus Salzteig hergestellt werden müssen. Sie werden am Holzgestell befestigt und mittlerweile auch um Kerzen, wie sie auf dem zum Weihnachtsfest hinführenden Adventskranz zu finden sind, ergänzt. Schließlich bilden Adam und Eva unterhalb der hängenden Figuren gewissermaßen den Grundstein. In der Regel werden sie neben einem Baum samt Schlange positioniert.

Alles hat seine Bedeutung

Ein Sylter JöölboomBei den erwähnten Figuren handelt es sich um einen Hahn, ein Schaf, einen Fisch, ein Pferd sowie um ein Schwein und eine Kuh. Hinzukommen eine Mühle und Segelschiff. Die letzteren beiden stehen für die Seefahrt und den schon seit langer Zeit auf Sylt betriebenen Ackerbau, während die Tiere für bestimmte Eigenschaften des Menschen stehen. Der Wachsamkeit des Hahnes wird die Treue des Hundes gegenüberstellt. Letztere ist auch noch heutzutage typisch für den Vierbeiner, der als treuer Freund des Menschen gilt. Ausdauer, Kraft wie auch die Schnelligkeit werden vom Pferd symbolisiert, was wiederum einen Querverweis zur sich ebenfalls am Jöölboom befindlichen Figur der Mühle darstellt. Äpfel und Dörrobst werden ebenfalls an vielen Modellen befestigt, wobei diese fakultativ sind - also auch weggelassen werden können.

Auch weit außerhalb von Nordfriesland bekannt

Dass die Bewohner der Insel sich ihren ganz besonderen Friesenbaum an Weihnachten selbst basteln, dürfte nicht allzu sehr überraschen. Dass sich dieser Weihnachtsbaum aber bis nach Amerika ausgebreitet hat, wurde Anfang des 19. Jahrhunderts sicherlich nicht eingeplant. Doch wie kommt der aus der Not heraus geborene weihnachtliche Baum bis in die USA über den großen Teich? Wie viele andere Dinge auch - als Geschenk. So bastelten und basteln noch immer viele Sylter ihre Bäume selbst und schicken sie mitunter zu Verwandten und Bekannten in andere Städte. Sind sie dann erst einmal in Großstädten gelandet, ist der Weg in andere Länder zu interessierten Menschen gar nicht mehr so weit. Auf dem Wohnzimmertisch oder Fensterbrett fungiert er immer häufiger zudem nicht nur am Heiligen Abend als Weihnachtsbaum, sondern nimmt auch nicht selten die Funktion eines Adventskranzes ein.

Jöölboome entwickeln sich zu einem Kultobjekt Sylts

Sylt, eine der bekanntesten Inseln in Nordfriesland, erkennt mehr und mehr, welche Anziehungskraft diese speziellen Weihnachtsbäume auf Besucher haben. Umso besser, dass die Sylter es verstehen, ihren Friesenbaum auch zu vermarkten. So lässt er sich insbesondere im Internet beispielsweise von Privatleuten - häufig auch bereits geschmückt - ordern. Des Weiteren bieten Online-Shops Bäume zum Selberbauen als Bausatz an. Auch dies kann als Bestandteil des Bestrebens verstanden werden, diesen außergewöhnlichen weihnachtlichen Baum weiter zu verbreiten. Und wer weiß: Wo er nach dem Zusammensetzen Gefallen weckt, wird er im nächsten Jahr vielleicht sogar komplett selbst gemacht. Bleibt nur noch die Frage zu klären, was Jööl eigentlich bedeutet. Sicher ist, dass es in den nördlichen Regionen Weihnachten bezeichnet. Wörtlich besteht die Möglichkeit, Jööl mit Hjul in Verbindung zu bringen, was Rad bedeuten würde. Jol - wie es in Skandinavien heißt - steht hingegen für Freude. Ob nun das "Rad der Zeit" gemeint ist oder doch eher die Freude, die an Weihnachten herrschen soll: Der Jöölboom-Weihnachtsbaum fasziniert. Noch immer.

Das Sylter Heimatmuseum bietet auch in diesem Jahr ein gemeinsames Jöölboom-Kranzbinden an. Am Montag, dem 23. November, von 14:30 Uhr bis 16:30 Uhr und am Dienstag, dem 24. November, von 14:30 – 16:30 Uhr und von 17-19 Uhr, gibt es Gelegenheit gemeinsam und unter Anleitung bei Teepunsch und Keksen, die grünen Kränze zu binden. Die Materialien werden gestellt, ein Unkostenbeitrag von 15,- Euro wird erbeten. Eine kleine Anzahl von Jöölboom-Gestellen wird bei diesen Kranzbinde-Terminen gegen eine entsprechende Spende angeboten. Da die Teilnehmerzahlen begrenzt sind, bittet das Museum um Anmeldung unter Tel. 04651-32805 oder an der Kasse des Sylter Heimatmuseums.